Drehscheibe Nr. 98 Juni 2022

12 | Ausgabe 98 - Juni 2022 Die Region um Reichenau, Payerbach und den Semmering liegt im südlichsten Teil Niederösterreichs, wo die Ausläufer der Alpen die natürliche Grenze zur Steiermark bilden. Diese ist hinsichtlich ihrer kulturhistorischen und touristischen Bedeutung vor 1914 international bekannt. Weitgehend unbekannt ist aber - mit Ausnahme der Semmeringbahn - die hervorragende Rolle dieses Gebiets in verkehrsgeschichtlicher Hinsicht. Sie reicht von Georg Huebmers Erschließung des Höllentales um 1780, seinem ersten Tunnel 1820 bis zur epochalen Semmeringbahn Carl von Ghegas und über viele Projekte für eine touristische Eisenbahn von Payerbach über Reichenau bis auf das Raxplateau ab 1880, die leider nicht bis zur Ausführung gediehen, bis hin zur schmalspurigen elektrischen Lokalbahn Payerbach-Hirschwang, die aus kriegswirtschaftlichen Gründen errichtet und nach 1918 zur Lokalbahn mit Güter- und Personenverkehr ausgebaut wurde. Sie fährt als „Höllentalbahn“ im Museumsbahnbetrieb noch heute. Entstehung und Bau der Bahn Ab Beginn des 1. Weltkriegs hatte die Firma Schoeller in Hirschwang an der Rax als wichtiger Armeelieferant immer größere Transportprobleme wegen der desolaten Bezirksstraße nach Payerbach. Daher beauftragte die Firma 1916 die renommierte Bauunternehmung Redlich & Berger mit der Adaptierung eines älteren Bahnprojekts zur Südbahn und der gesamten Baudurchführung. Am 29. Dezember 1916 konnte Schoeller mit den Plänen um die Bewilligung für eine normalspurige elektrische Lokalbahn ansuchen; und zusätzlich als rasches Provisorium um den Bau einer schmalspurigen Materialbahn. Sie war in der in Österreich-Ungarn üblichen bosnischen Spurweite von 760 mm vorgesehen. Bereits 1917 erteilte das Eisenbahnministerium die Vorkonzession für beide Bahnprojekte. Die Bauarbeiten konnten bis Jänner 1918 abgeschlossen werden und die Materialbahn am 7. Februar 1918 den Betrieb mit einer Benzinlokomotive aufnehmen. Anfang 1918 beschloss Schoeller, die Materialbahn für elektrischen Betrieb auszurüsten, um den umfänglichen Güterverkehr effektiv zu bewältigen. Nach ministerieller Genehmigung wurde die Materialbahn mit Elektromaterial vom Karawankentunnelbau für den elektrischen Betrieb ausgerüstet. Ob der elektrische Betrieb der Materialbahn schon vor Kriegsende aufgenommen wurde, ist unbekannt, aber wahrscheinlich. Jedenfalls stellte die Firma Schoeller 1918 den Antrag auf Betriebsbewilligung für die Materialbahn. Das nunmehrige Staatsamt für Verkehrswesen veranlasste eine Überprüfung der Anlagen und erteilte 1919 die Betriebsbewilligung. Entwicklung in der Zwischenkriegszeit Am 17. November 1922 erteilte der Bundesminister für Verkehrswesen die Konzession für die Lokalbahn Payerbach-Hirschwang AG. Danach begannen die Umgestaltungsarbeiten für die elektrische Lokalbahn. In Payerbach, Reichenau und Hirschwang errichtete man Bahnhofsgebäude. 1924 wurde Die Lokalbahn Payerbach-Hirschwang und die Eisenbahnen zwischen Semmering, Rax und Schneeberg HISTORISCHE BETRACHTUNGEN | Geschichte der Höllentalbahn Historisches Bild von Personal und Triebwagen der niederösterreichischen Höllentalbahn

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