Drehscheibe Nr. 96 Dezember 2021

9 Ausgabe 96 - Dezember 2021 | die Freizeit- und Tourismusmobilität zu beachten, indem beispielsweise neue Kunden:innengruppen erreicht werden. Drehscheibe: Zentrale politische Weichenstellungen erfolgen oft auf europäischer Ebene. Welche wirtschafts-, verkehrs- und klimaschutzpolitischen Entscheidungen wünschen sich Verkehrsexpert:innen von der Europäischen Union? DI Dr. Frey: Die EU-Verkehrspolitik ist stark widersprüchlich und wird durch große Lobbyorganisationen der Autound Erdölindustrie (mit-)bestimmt. Während hohe Summen in die hochrangige Straßen- und Schieneninfrastruktur und dabei insbesondere in Großprojekte investiert werden (transeuropäische Netze), werden die regionalen Rahmenbedingungen nur ungenügend berücksichtigt. Zwar bekennt man sich offiziell zu den Klimaschutzzielen, doch wirkliche Bestrebungen zu einer umfassenden Mobilitätswende über die Antriebstechnologie hinaus existieren nicht. Eine wesentliche Steuerungsmöglichkeit wäre eine wirksame Wegekostenrichtlinie, die die so genannten externen Kosten, also die Folgen durch Luftverschmutzung, Lärm, Verkehrsunfälle, usw. ausreichend und konsequent berücksichtigt und den Nationalstaaten auch ausreichend Gestaltungsspielraum gibt. Die Schweiz hebt seit 2001 eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe für alle Nutzfahrzeuge über 3.5t auf allen Straßen ein. In diesem Zeitraum ging beispielsweise die Zahl der alpenquerenden Lkw-Fahrten um 33% zurück. Drehscheibe: Die Redaktion des GKBMagazins Drehscheibe dankt Ihnen für das Interview! Verkehrsexperte DI Dr. Harald Frey | INTERVIEW Dipl.-Ing. Dr. tech. Harald Frey studierte Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Wien und spezialisierte sich auf den Bereich Verkehrs- und Infrastrukturplanung. Er arbeitet seit dem Jahr 2006 im Forschungsbereich für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik der TU Wien. Seine Tätigkeiten in Lehre und Forschung belegen mehr als 400 Publikationen zu den Themen Verkehrs- und Siedlungsplanung, Mobilität und Systemdenken. Er ist Verfasser zahlreicher Verkehrskonzepte, Gutachten und verkehrstechnischer Untersuchungen in der Praxis. Seit dem Jahr 2011 leitet er den Arbeitskreis „e-mobility“ und ist stellvertretender Leiter des Arbeitskreises „Nachhaltige Infrastruktur“ der Österreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (ÖVG). Er ist Mitglied verschiedener Expertenkommissionen und seit 2020 Aufsichtsratsmitglied der Österreichischen Postbus AG und der ASFINAG.

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